Fairer Handel ist ein Prozess
Zu behaupten, ein Produkt sei fair, ist problematisch. Denn es ist gleichbedeutend mit Stillstand. Genau deshalb, verzichten wir auf den Begriff.
Wir haben genug – genug haben wir noch lange nicht!
Ursula Brunner, Bananenfrau der ersten Stunde, sagte: "Es gibt kein faires Produkt, fairer Handel ist ein Prozess". Es ist seit jeher unser Leitsatz bei gebana. Deshalb suchen wir Schritt für Schritt einen immer besseren Deal für Bauernfamilien, Arbeiter:innen und Natur.
Doch wann kommen wir am Ziel an? Wer entscheidet, wann unsere Handlungen oder unsere Produkte fair sind? Die Antwort steckt in Ursula Brunners Aussage: Das Ziel ist unerreichbar, wir können uns nur immer weiter annähern.
Trotzdem benutzen wir das Wort fair, wenn wir über unsere Produkte reden. Das Konzept des fairen Handels ist in den letzten 20 Jahren breit bekannt geworden und die Menschen assoziieren mit einem einzigen Wort etwas, was auch wir unterschreiben: bessere Preise für die Bauern und korrekte Löhne für Arbeitende.
Vor allem steckt in fair die Vision eines besseren Handels, der armen Regionen Entwicklung bringt und eine gerechtere Welt schafft. Doch mit dem Schaffen einer gerechteren Welt haben "faire" Produkte immer weniger zu tun.
Sicher, fair ausgelobte Produkte sind fairer als unfaire, und das ist gut. Und es gibt auch Akteure, die wirklich etwas bewegen wollen und die eine ganzheitliche Vision verfolgen. Doch der Markt wird immer stärker dominiert von multinationalen Konzernen. Sie haben "faire" Produkte im Sortiment – allerdings mit dem alleinigen Ziel die Marge zu verbessern und Profite zu maximieren. Es geht um Marketing, während sich die Handelspolitik der Unternehmen kein Jota ändert.
Diese Unternehmen denken kurzfristig, sie drücken die Preise permanent, sind intransparent und reizen die Fairtrade-Standards aus bis zum Minimum. Doch selbst wenn sie die Mindest-Regeln einhalten, zerstört ihr rein profitgetriebenes Verhalten als Händler und ihre Unternehmenspolitik insgesamt nachhaltige und faire Wertschöpfungsketten, anstatt solche aufzubauen. Dies läuft dem ursprünglichen Entwicklungsansatz des fairen Handels völlig entgegen. Es führt zu weniger statt mehr Gerechtigkeit.
Davon möchten wir uns klar abgrenzen und bezeichnen unsere Produkte deshalb nicht mehr als fair.
Wir verzichten auf fair, aber unser Engagement bleibt
Wenn wir das Wort fair auf den Produkten streichen, heisst das aber nicht, dass unser Engagement für einen faireren Handel kleiner wird. Wir investieren weiterhin in die Wertschöpfung vor Ort – auch in risikoreichen Regionen.
Wir schaffen weiterhin möglichst viele gute Arbeitsplätze. Wir schulen Bio-Bauern und fördern den Bio-Anbau. Wir arbeiten weiterhin an der Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette und wir bleiben langfristige Partner mit Mut und Durchhaltewillen.
Und wir wollen mehr! Wir fokussieren künftig noch stärker auf eine ganzheitliche Wirkung und Entwicklung vor Ort, wir beteiligen die Bauernfamilien am Umsatz, wir teilen Gewinne mit Mitarbeitenden und Kund:innen und wir richten die Wertschöpfungsketten noch konsequenter auf die Natur aus.
Wir mischen uns ausserdem noch stärker in die Diskussion zur Handelspolitik ein. Der gesamte Handel muss fairer werden! Unsere echten Orangen und der Angry Gorilla beweisen, dass wir es ernst meinen damit.
Die Illustrationen auf dieser Seite stammen von der Künstlerin und Cartoonistin Marina Lutz aus Emmenbrücke. Sie hat sie an der Feier zum 20-jährigen Jubiläum von gebana live mit Tusche gezeichnet, während eine frühere Versionen des Textes auf dieser Seite vorgetragen wurde. Ansonsten zeichnet Marina Lutz regelmässig unter anderem für das Bündner Tagblatt und den Nebelspalter.